Mia

„Die ist ja winzig!" Das war meine erste Reaktion als Mia auf mich zulief. Auf den Fotos der Tierschutzorganisation hatte sie doch viel größer gewirkt ...
Ganz knapp war Mia mit ihren etwa vier Jahren dem Schicksal entgangen, das sie als Straßenhund in der Tötungsstation auf Mallorca erwartete. Doch schon beim ersten Test-Spaziergang in der deutschen Pflegestelle mit Pequeno, Heinrich und Partout war klar: Mia ist etwas ganz Besonderes - optisch eine charmante Dackeldame mit etwas längeren Beinen, aber mit dem eisernen Willen eines Terriers! Mein Mann war dieser Versuchung innerhalb einer Millisekunde erlegen: „Guck' mal, ihr Kopf passt genau in meine Hand...", schwärmte er und ließ seine neue Herzenshündin während der gesamten 400 Kilometer langen Fahrt nach Hause nicht mehr aus den Augen (und Armen). So wie in den nächsten 12 Jahren …

Mia war zwar klein, aber sie hatte alle Männer im Haus fest in ihren Pfötchen. Selbst Partout, unser Chef, erlag schnell ihrem Charme.

Mia brachte durch ihre Dackel- und Terrier-Gene einen ziemlichen Sturkopf und sehr viel Jagdleidenschaft mit. Wir brauchten bei ihrer Erziehung viel Geduld, Einfühlungsvermögen (sie konnte sehr gut ihre Dackelohren auf Durchzug stellen, wenn sie unsere Kritik an ihren Unternehmungen ungerecht fand), eine gute Portion Humor und gut durchdachtes Training. Aber genau mit dieser Mischung konnte Mia viele Spaziergänge auch ohne Leine genießen.
Auf fremde Hunde reagierte sie freundlich bis desinteressiert, war aber durchaus sehr klar in ihrer Kommunikation, wenn ein Hund sie zu sehr bedrängte.

Als Partout uns verließ, übernahm Mia wie selbstverständlich die Führungsrolle. Und das machte sie leise und ruhig, mit einer unglaublichen Souveränität.
Nie werde ich vergessen, wie die zwei Viszlas – Pluto und Lola – meiner Freundin mich in einiger Entfernung stehen sahen und losstürmten, um mich zu begrüßen. Wen sie nicht sahen, war Mia, die im Sand neben mir saß. Kurz bevor sie bei mir waren, bemerkten Pluto und Lola sie, versuchten ihren wilden Lauf rechtzeitig abzustoppen, schoben eine regelrechte Sanddüne vor sich her und kamen ganz knapp vor Mia zum Stehen. Und Mia? Sie hat nicht einmal mit den Ohren gezuckt, darauf vertrauend, dass die beiden schon wissen, wie man sich ihr zu nähern hatte.

Mia hatte ein tolles, erfülltes Leben und sie kämpfte noch mit stolzen 16 Jahren tapfer gegen eine Niereninsuffizienz. Den Tag, an dem sie schließlich signalisierte ,,Ich will jetzt gehen", werden wir niemals vergessen - er hat sich unauslöschlich in unsere Herzen gebrannt. So wie all die schönen Momente mit Mia, der einzigartigen Dackeldame.